fluchtrucksack

Wenn man die Notvorräte schultern muss

Be prepared: Vorbereitet zu sein auf alle Eventualitäten, lautet das Gebot der Stunde. Worst-Case-Szenarien der unterschiedlichsten Art nämlich werden immer öfter real – oft von jetzt auf gleich und ohne lange Ankündigung. Für eine Zeitenwende hat in diesem Zusammenhang das längst überwunden geglaubte, jetzt wieder allgegenwärtige Kriegsrisiko gesorgt, ob konventionell, biologisch, atomar oder auch cyber-technisch. Außerdem hätte noch vor Kurzem kaum jemand eine Pandemie mit Shutdowns und Lieferengpässen für möglich gehalten – und ohnehin ereignen sich Naturkatastrophen dem Klimawandel geschuldet nicht mehr sprichwörtlich nur alle Jahrhunderte, sondern so gut wie jedes Jahr. In Szenarien wie diesen hat es dramatisch an Bedeutung gewonnen, Notvorräte anzulegen – so wie es etwa das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) schon seit vielen Jahren dringend empfiehlt.

Die Flucht ist ein ganz besonderer Notfall

Was dabei jedoch oft vergessen wird: Auf noch so umsichtig angeschaffte Notvorräte kann man nicht mehr zugreifen, wenn sie im Keller liegen und man Hals über Kopf das Haus verlassen muss. Denn wer vor einer unmittelbar lebensbedrohenden Gefahr flüchtet, muss bis auf das Nötigste alles zurücklassen. Weil außerdem meist keine Zeit mehr für längere Vorbereitungen bleibt, sollte man unbedingt schon in ungefährdeten Zeiten vorsorgend definieren, was das Nötigste ausmacht – und dies möglichst in einem geeigneten Behältnis für den schnellen Zugriff richten.

Leicht, dicht, komfortabel und clever

Der Rucksack, idealerweise mit Bauchgurt, eignet sich perfekt zur Flucht. Eng anliegend geschultert, bleiben die Hände frei und der Körper geschont – umso mehr, wenn man beim Packen die schwereren Inhalte oben, die leichteren weiter unten verstaut, damit der Schwerpunkt des Rucksacks möglichst nah an dem des Körpers liegt. Als Material empfehlen sich Nylon oder PVC, wobei auf wasserdichte Nähte und Verschlüsse zu achten ist. Fächer und Sortiereinlagen für schnelles Auffinden von Inhalten sind sehr nützlich, ebenso eine zusätzliche Hüfttasche für den schnellen Zugriff auf oft benötigte Dinge. Eine zweiseitige Folie in Signal- und Tarnfarbe um den Backpack gespannt kann zudem helfen, wahlweise Rettungskräfte auf sich aufmerksam zu machen oder sich in Bedrohungslagen zu tarnen; gleichzeitig schützt sie vor Wind und Regen.

Für wen und für wo?

Wichtig zu wissen fürs Konfektionieren der Inhalte ist vor allem, für wen der Fluchtrucksack gepackt wird. Entscheidend ist das für die Mengen, aber u. a. auch mit Blick auf benötigte Medikamente und individuelle Ernährungseinschränkungen. Einen ebenso wichtigen Faktor stellt die Umgebung dar, in der sich die Flüchtenden bewegen – Wälder und Seenlandschaften bringen etwa völlig andere Ansprüche mit sich als vulkanische Landschaften und Gebirge.

Vor allem stehen die Grundnahrungsmittel

Trinken und Essen sind in genau dieser Reihenfolge lebensnotwendig. Da jede Flucht stets einhergeht mit mehr oder weniger emotionaler Anspannung und Orientierungsnot, sollten die enthaltenen Vorräte mindestens für drei, besser vier Tage ohne Aufstockung ausreichen. Mitgetragen, hilft beim ständigen Nachfüllen der Vorräte unterwegs ein entsprechendes Equipment. Neben lang haltbarem Wasser sind daher Feld- bzw. Trinkflaschen ratsam und zwar möglichst aus Leichtmetall, die man auch über offener Flamme erhitzen kann. Beim Essen empfehlen sich lang haltbare Energie-Riegel wie beispielsweise CONVAR™-7 mit einer hohen Energiedichte, alles jeweils abgestimmt auf bestehende Unverträglichkeiten. Für die Umverpackung der Nahrung gilt generell: Beutel sind viel leichter und flexibler als Dosen!

Auf der Flucht ist auf der Nahrungssuche

Schon frühestmöglich sollte ein Teil der Aufmerksamkeit der Ergänzung der Vorräte gelten – niemand weiß schließlich, wie lange die Flucht andauert. Sind die Flaschen bereits voll, lassen sich die Vorräte auch in unbeschichtete Kondome und geschützt mit einer Socke als Behelfs-Wasserbehälter aufstocken; sinnvoll sind zudem Tabs zur Entkeimung. Gibt es fischreiche Gewässer in der Nähe? Dann sollte ein Survival Angel-Kit aus Angelhaken und Schnur nicht fehlen und ein Netz zum Fischfang. Ebenso nimmt ein Beutel zum Einsammeln von Beeren, Pilzen u. ä. nur wenig Platz weg und kann ebenfalls sehr nützlich werden, genauso wie ein kleines Nachschlagewerk oder eine Offline-App über essbare Pflanzen.

Für die Gesundheit im Notgepäck

Neben auf die Person abgestimmten Medikamenten (den Grund der Einnahme und die Dosierung möglichst dokumentieren!) gehört unbedingt ein Erste-Hilfe-Set inklusive Desinfektionsmittel zur Grund­ausstattung, ebenso entzündungshemmende Tabletten, antiseptische Tücher und ein Antihistaminikum. Wund- und Traumasalben könnten gerade mit Blick auf die schwere Rucksacklast eine willkommene Ergänzung sein, auf keinen Fall jedoch sollten Pinzette, Sicherheitsnadeln, Schere und Schutzhandschuhe fehlen. Da der Fluchtrucksack unabhängig von der Jahreszeit gepackt wird, ist außerdem an Sonnenschutz zu denken mit Sonnenbrille, Kopftuch und Hautschutzmitteln. Zu guter Letzt sind Seife, Zahnpflege­produkte und Feucht­tücher wesentliche Toilettenartikel, auf die man nicht verzichten will, ggf. ist auch an die Monatshygiene zu denken.

Unentbehrliche Helfer im Freien

Feuer spendet Licht und Wärme, beides ist von unschätzbarem Wert. An brennbarem Material mangelt es hierzulande nicht, beim Anzünden helfen (Sturm-)Feuerzeuge weiter, wasserdicht verpackte Streich­hölzer oder auch Magnesium-Feuerstarter; außerdem gibt es „Pocket Bellows“ zum Entfachen von Glut. Übrigens: Wenn man Wattepads zu Dreiviertel in flüssiges Wachs eintaucht und trocknen lässt, kann man den Bereich ohne Wachs später entzünden und hat eine leichte Minikerze, die sich prima verstauen lässt. Taschen-/Kopflampe und Taschenradio sind ein Muss und um sie zu speisen, sollten extrem lang haltbare und temperaturresistente High-Quality-Ersatzbatterien mit eingepackt werden. Vor Wind und Wetter schützen Thermaldecke und Regenponcho, die sich zusammengewickelt und gefaltet am Rucksack befestigen lassen. Dort gehören auch eine leichte Plane oder ein Minizelt hin, ebenso ein extrem leichter Daunenschlafsack in Mumienform. Unverzichtbar sind zudem Schneidewerkzeuge – vom „Schweizer“ Taschenmesser bis zum multifunktionalen Survival-Messer mit Schleifstein – und ein Einklapp-Besteck erleichtert das Essen.

Unwiederbringliche Dokumente

Nicht zu vergessen sind wichtige Dokumente wie Personalausweis, Geburtsurkunde, Impfpass, Stamm­buch, aber auch Versicherungspolicen und Rentenpapiere. Mindestens Kopien davon sollten in einer wasserdichten Hülle verpackt mitgeführt werden; ein kleines Beutelchen mit Trockenmittel zuzufügen ist obligatorisch, da bereits leichte Feuchtigkeit das Papier zerstören kann. Und wenn man eh grad mit Schweißgerät und Vakuumbeutel zugange ist, schadet es sicher nicht, auch gleich Kartenmaterial der Region und Kompass einzuschweißen, außerdem etwas Bargeld in kleinen Scheinen. Um selbst schreiben und beschriften zu können, sollte man an Bleistift, Permanentmarker und Kreide denken, außerdem an einen wasserfesten Notizblock und beschriftbares Klebeband.

Nützliche Dinge al gusto

Bis auf die beschriebenen elementaren Dinge bleibt das Konfektionieren eines Notfallrucksacks aber immer eine individuelle Angelegenheit. Zu denken wäre etwa an Wegwerf-Handy mit Notfallnummern, Signalspiegel und Trillerpfeife, außerdem ein Näh-Kit und ein Seil, etwa zum Spannen von Zelten. Je nachdem, wie groß und schwer der Rucksack werden soll, können noch vielerlei praktische Helfer ergänzt werden wie Drahtsäge, taktischer Stift, Multitool-Card, Karabinerhaken oder gar eine Multifunktions­schaufel (mit Axt).

Notfallrucksack-Schnellcheckliste

Das gehört laut Empfehlung des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) in den Notfallrucksack:

  • persönliche Medikamente
  • Erste-Hilfe-Material
  • batteriebetriebenes Radio, Reservebatterien
  • Dokumentenmappe
  • Verpflegung für 2 Tage in staubdichter Verpackung
  • Wasserflasche
  • Essgeschirr und -besteck
  • Taschenlampe, Reservebatterien
  • Schlafsack oder Decke
  • Kleidung für ein paar Tage
  • Kopfbedeckung
  • Handschuhe
  • Hygieneartikel (zum Beispiel Artikel für Monatshygiene, Windeln) für ein paar Tage
  • Schutzmaske, behelfsmäßiger Atemschutz
  • für Kinder: Brustbeutel oder eine SOS-Kapsel mit Namen, Geburtsdatum und Anschrift. SOS-Kapseln gibt es in Kaufhäusern, Apotheken und Drogerien.

Tritt eine Situation ein, in der das Notgepäck benötigt wird, sollten laut BBK außerdem wichtige Dinge mitgenommen werden, die man nicht vorbereitend packen kann:

  • Personalausweis / Reisepass
  • Bargeld, Geldkarten
  • Gesundheitskarte der Krankenversicherung
  • Impfpass
  • Haustürschlüssel, ggf. Autoschlüssel
  • Handy / Smartphone falls vorhanden, um mit Angehörigen in Kontakt bleiben zu können

Eine umfassende Checkliste zur Planung des Notgepäcks bietet der „Ratgeber für Notfallvorsorge und richtiges Handeln in Notsituationen“ des BBK – Kostenloser Download unter Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe